Urteil des Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes mit weitreichenden Folgen
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Dies gilt auch für die Messergebnisse von Verkehrsüberwachungsanlagen. Ob Geschwindigkeit, Rotlicht oder Abstand – immer wieder konnten Fehler aufgedeckt werden, die die Messung zu Lasten des Betroffenen beeinflussen. So hat etwa eine sachverständige Überprüfung beim Einseitensensor ESO 3.0 ergeben, dass pulsierendes LED-Licht der Fahrzeugscheinwerfer die Messung so verfälschen kann, dass ein deutlich höherer Geschwindigkeitswert, als der tatsächlich gefahrene Wert angezeigt wird. Die Untersuchung des Sachverständigen Roland Bladt ist unter der Überschrift „Optische Täuschung – Schneller dank LED“ in der Zeitschrift Deutsches Automobilrecht, 2019, S. 290, veröffentlicht.
Um eine kritische Prüfung von Messungen vornehmen zu können, benötigen Sachverständige und Verteidiger Daten: die Rohmessdaten. Und genau diese „verheimlicht“ der Laserscanner TraffiStar S350 von Jenoptik. Die Fahrzeugpositionen, die für eine Wegstreckenbestimmung erforderlich sind, speichert das Gerät nicht.
Nun hat der Saarländische Verfassungsgerichtshof in einem aktuellen Urteil (Aktenzeichen: Lv 7/17) entschieden, dass die Messungen unverwertbar sind. Zur Begründung führte er aus:
„Das Grundrecht auf eine wirksame Verteidigung schließt auch im Bußgeldverfahren ein, dass die Rohmessdaten zur nachträglichen Plausibilitätskontrolle zur Verfügung stehen.“
Aufgrund der Unverwertbarkeit der Messergebnisse ist die Verurteilung zu Bußgeld, Fahrverbot und Eintragungen im Fahreignungsregister (Punkten) nach Auffassung dieses Verfassungsgerichtes nicht möglich.
Auswirkungen dürfte dies auch auf andere Verfahren haben. So wird beim Messverfahren PoliScan Speed schon seit längerem kritisiert, dass es sich hierbei um eine „Blackbox“ handelt, die nur bedingt durch Sachverständige und Verteidiger überprüft werden kann. Auch diese Messungen können mit obiger Begründung angegriffen werden.
Betroffene sollten daher Bußgeldbescheide nicht klaglos hinnehmen, sondern sich an einen kompetenten Anwalt ihres Vertrauens wenden.